Satz mit X.
Ich mag eigentlich alle Arten von "Culture Clash"-Geschichten und lese sie immer wieder gerne. Bie diesem Buch hatte ich auf eine Mischung aus Jan Weiler und Wladimir Kamniner gehofft. Bekommen habe ich eine drittklassiege Liebesgeschichte garniert mit Russenklischees aus der untersten Schublade. Es gibt eine Alibi-Russin, die ihren Doktor in Philosophie macht aber sonst befassen sich alle Männer mit mehr oder weniger halbseidenen Geschäften und nehmen das mit Recht und Ordnung gar nicht so genau und die Frauen tragen alle grelle Klamotten und sind viel emotionaler als die Deutschen Frauen.
(Wokda wird auch viel getrunken aber das ist ein Klischee das der russische Teil meines Bekanntenkreises durchaus ein wenig bestätigt...dagegen kenne ich keinen einzigen russischen Bordellbesitzer und wurde noch nie blind wenn ich mir die Klamotten meiner Russischlehrerin angeschaut habe). Natürlich sind auch bei Weiler & Co die Klischees ein bisschen überspitzt dargestellt...aber das ist der Punkt: Nur ein bisschen. Hier sind alles komplett überzeichnete Karrikaturen. Und während ich bei Büchern Russendisko und Viva Polonia mich stellenweise wirklich vor Lachen nicht mehr halten konnte, hab ich hier zwar ein paar mal grinsen müssen aber größtenteils wars eher ein
Dann ist da noch die eigentliche Handlung...oder was sich dafür hält.
Petra ist unglücklich weil sie ihren Freund mit einer anderen erwischt hat und ihre Anwaltskanzlei gar nicht gut läuft. Eines Tages spaziert Artjom samt Familie in eben diese Kanzlei und Petra ist
Artjom hat nämlich so eine wunderschöne Stimme und...eh ja er hat halt eine wunderschöne Stimme. Das reicht ja mal fürs erste.
Die Familie sucht ihren Beistand wegen einer Streitigkeit mit ihrem Ex-Vermieter. Petra jubiliert weil sie endlich einen Fall hat und dann ist da ja noch Artjom...aber dann kommt der Tag der Verhandlung und es stellt sich heraus dass die Familie ihr ein rießige Lügenmärchen aufgetischt hat und anstatt den Fall mit links zu gewinnen verliert sie und blamiert sich unsterblich.
Petra ist stinksauer und möchte nie wieder was mit ihnen zu tun haben. Artjom versucht sie anzurufen aber sie nimmt nicht ab, ignoriert auch seine Briefe und Geschenke. Dann nach einigen Wochen steht er vor der Tür, entschuldigt sich und sieht ein dass er sich unmöglich verhalten hat...oh wartet eigentlich steht er mitten in der Nacht volltrunken vor ihrer Tür, singt lautstark Russische Liebeslieder, heult rum und dann haben sie ganz ganz tollen Sex. Naja...auch eine Möglichkeit.
Nach nur vier Monaten beschließen sie dann zu heiraten. Soweit ich das erkennen konnte waren ihre Hauptgründe dafür, dass der Sex toll ist und dass es ihre Eltern wirklich aufregen wird wenn sie einen Russen heiratet.
Wie romantisch.
Sie ziehen zusammen, Artjom mutiert zum Pascha und lässt sie die ganze Hausarbeit machen und endlich wird mal angesprochen, dass Petra relativ wenig über ihn weiß. Nur wenn sie versucht das anzusprechen weicht er ihr aus, sagt nur dass er sie doch liebt und dass das reicht und wenn sie versucht weiterzufragen verhält er sich wie ein verwöhntes Kind, heult und jammert, dass sie ihn nicht liebt.
Das ganze Buch über konnte ich mich einfach nicht für Artjom erwärmen oder hatte das Gefühl, dass ihre Beziehung glaubwürdig dargestellt wurde. Natürlich ist es eine Komödie und da muss nicht alles tiefgründig sein...man muss aber auch nicht alles opfern um nur noch einen Gag unterzubringen. So gibt es zum Beispiel eine Szene beim Weihnachtsfest, dass ihre und seine Familie gemeinsam feiern. Artjom hat irgendwann mal erwähnt, dass sie Juden sind und so hat Petra gegoogelt und sich eine Chanukkiot besorgt die sie aufstellt und macht Kartoffelpfannkuchen (ich sag da jetzt gar nichts dazu...) nur haben die keine Ahnung warum und wiso und als sies erklärt gibt es nur ein Schulterzucken und 'Wir sind halt nicht besonders religiös'. Das ist natürlich lustig weil 'Schaut her Petra hat sich wieder ein bisschen blamiert!'.
was ich aber dabei dachte war: Sie ist mit dem Kerl verheiratet und das Thema Religion und wie religiös sie sind ist noch nie aufgekommen? Sie hat nicht mal vor der Weihnachtsfeier gefragt? Ist das hanseatische Zurückhaltung die man in Bayern nicht versteht? (gibts schon ein Norddeutsch/Süddeutsches Culture-Clash Buch? DAS würde ich lesen).
Nun ja...anstatt diese Szene lustig zu finden wahr ich eher so
(Hier und bei 2/3 aller Gags im Buch).
Auch nach der Hochzeit wirds nicht besser...Artjom schwindelt weiter fröhlich und heult rum wenn sie sich beschwert...das ist dann auch der große Konflikt gegen Ende...Petra hat endlich genug davon. Nur wurde das meiner Meinung nach einfach unzureichend gelöst, da er mehr oder weniger sagt 'Vielleicht hab ich ja gelogen aber das kann mir niemand beweisen'.
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Na dann...