Wie bei meinem ersten Roman von Friedrich Ani saß ich am Ende da, wusste selbst nicht genau “Hat mir dieser Roman jetzt gefallen oder nicht?” und kam dann doch zum Schluss “Ich glaube er hat mir gefallen.” Meine Verwirrung lässt sich wahrscheinlich am ehesten dadurch erklären, dass dieses Buch, noch weniger als Totsein verjährt nicht, mein erster Roman von Ani, ein typischer Krimi ist. Tabor Süden arbeitet nicht bei der Mordkommission sondern im Vermisstendezernat. Am Anfang steht kein Verbrechen sondern das Verschwinden eines Kindes. Anders als sonst gibt es hier nicht nach einem Drittel die erste Leiche oder zumindest einen handfesten Hinweis, dass tatsächlich ein Verbrechen geschehen ist. Ob tatsächlich eines vorliegt oder das Kind nur weggelaufen ist bleibt lange offen. Wenn man sich aber auf dieses etwas ungewohnte Schema einlassen kann hat man ein Buch in der Hand, dass zwar schnell zu lesen aber keineswegs leicht verdaulich ist. Auch Ani zeigt menschliche Abgründe auf, wenn auch anders als einige seiner Kollegen. Er wird nicht ganz so melodramatisch wie Elizabeth George und anders als Mankell, bei dem man immer mit dem Gefühl zurückbleibt, dass Wallander der letzte anständige Mensch auf der Erde ist, ist bei Ani nicht alles düster. Es gibt gute Menschen, weniger gute, schlechte, und die die wahrscheinlich nicht so schlecht wären aber es nicht fertig bringen sich etwas anzustrengen. Keiner ist in irgendeiner Art 'besonders'. Das gibt einem das Gefühl, dass all das genauso gut in der eigenen Nachbarschaft passieren könnte.Zusammen mit den Hauptcharakteren, die allesamt sehr menschlich, nicht dauer- depressiv und sich nur gelegentlich etwas zu viel über Indianische Rituale und diverse Kindheitserinnerungen auslassen ergibt das eine Reihe von der ich definitiv mehr lesen möchte.